Heinrich Schirmbeck (* 23. Februar 1915 in Recklinghausen; † 4. Juli 2005 in Darmstadt) war ein deutscher Schriftsteller.
Leben
Heinrich Schirmbeck, dessen Vater, ein Mitarbeiter der Reichsbahn, 1917 während des Ersten Weltkriegs einem Soldaten zum Opfer fiel, wuchs in Recklinghausen auf. Nach der Grundschule besuchte er ab 1925 das Gymnasium und ab 1931 das Gymnasium, wo er 1934 seinen Abschluss machte. Schon während seiner Schulzeit engagierte er sich in Jugendgruppen der SPD und des Reichsbanners. Nach dem Abitur wurde er wegen seiner oppositionellen Ideologie von der Gestapo für mehrere Wochen in einem Umerziehungslager interniert und ihm wurde das Studium verboten.
Von 1935 bis 1937 absolvierte er eine Lehre als Buchhändler in einer medizinischen Buchhandlung in Frankfurt am Main. Während dieser Zeit erschienen seine ersten Artikel in verschiedenen Zeitschriften. Von 1937 bis 1938 war er Assistent des Sortiments in Halle an der Saale und Nürnberg. 1938 wurde er Werbeleiter der Akademischen Verlagsgesellschaft Athenaion in Potsdam, im folgenden Jahr Propagandist im Ullstein-Verlag in Berlin und schließlich in der „Frankfurter Zeitung“, für deren Feuilleton Schirmbeck bis 1943 regelmäßig mitwirkte. In diesen Jahren begann die Freundschaft mit Peter Suhrkamp und Hermann Kasack. Ab 1940 war Schirmbeck Soldat. Kurz vor Kriegsende verließ er Hitlers Wehrmacht im Hinblick auf das sinnlose Töten – eine Erfahrung, der er in der Geschichte „Die Flucht“ nachdrücklich nachgeht. Im Jahr 1945 wurde er in den Vereinigten Staaten inhaftiert, aus denen er im September 1945 entlassen wurde.
Von 1946 bis 1950 war er Herausgeber des Feuilletons der „Schwäbischen Zeitung“ in Leutkirch im Allgäu und gleichzeitig Mitarbeiter der „Badischen Zeitung“ in Freiburg im Breisgau. 1950 wechselte er als Anzeigenleiter zur „Deutschen Zeitung und Wirtschaftszeitung“ in Stuttgart, 1951 wurde er Anzeigenleiter der „Frankfurter Illustrierten“. Seit 1952 ist Schirmbeck freiberuflich tätig und hat mehr als 400 Radiobeiträge aus den verschiedensten Wissenschaftsbereichen verfasst.
Heinrich Schirmbecks Essays und Geschichten verbinden literarische, ethische und wissenschaftliche Themen gleichermaßen. Sein Hauptwerk „Ärgert dich dein rechtses Auge“ erschien 1957 und wurde in den USA als wichtigste deutsche Literaturpublikation nach Thomas Manns „Zauberberg“ gefeiert.
Von 1955 bis 1967 lebte er in Frankfurt am Main, seitdem lebt er in Darmstadt auf der Rosenhöhe.
Neben seiner literarischen Tätigkeit war Schirmbeck auch nach dem Krieg wieder politisch aktiv: In den 1950er Jahren engagierte er sich gegen die Aufrüstung der Bundesrepublik Deutschland, später gegen Atomwaffen, Kernkraftwerke und in den 1980er Jahren gegen den NATO-Doppelentscheid.
Heinrich Schirmbeck war seit 1959 Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland, seit 1962 der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt und seit 1964 der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz. Ab 1969 war er Mitglied des Akademischen Rates der Humboldt-Gesellschaft.
Um das Werk des Schriftstellers am Leben zu erhalten, wurde ein „Heinrich Schirmbeck“-Kreis von Förderern und Freunden gegründet. Insbesondere Schriftsteller, die sich um die deutsche Sprache verdient gemacht haben, sollten neben Unternehmen und Privatpersonen Mitglied werden. Auch ein „Heinrich-Schirmbeck-Preis“ wird bekannt gegeben. In Wiesbaden, rund um den lokalen Verlag Immo Hilbinger, wurde 2005 aus dem Förder- und Freundeskreis die gemeinnützige „Heinrich-Schirmbeck-Gesellschaft“ gegründet.
Er erhielt unter anderem folgende Auszeichnungen:
* 1950 erhielt er den Großen Preis für Literatur der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz,
* 1961 die Verleihung des Immermann-Preises der Stadt Düsseldorf,
* 1980 die Johann Heinrich Merck-Auszeichnung,
* 1991 das Großstadtplakette der Stadt Recklinghausen und
* 1995 die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main.
Am 4. Juli 2005 starb Heinrich Schirmbeck im Alter von neunzig Jahren in seiner Wahlheimat Darmstadt.
Literatur
* Karl August Horst (Hrsg.): Literatur und Wissenschaft, Düsseldorf [u.a.] 1968
* Rolf Stolz (Hrsg.): Orpheus im Laboratorium, Weilerswist 1995
* Gerald Funk: Die Formel und die Sinnlichkeit : das Werk Heinrich Schirmbecks, Paderborn 1997. 343 S. (Marburg, Univ., Dissertation 1997) ISBN 3-89621-054-8
* Cynthia L. Appl: Heinrich Schirmbeck and the two cultures, New York [u.a.] 1998
* Gerald Funk: Im Labyrinth der Spiegelungen, Wetzlar 2001
Werke
* Die Fechtbrüder, Berlin 1944 (Neuauflage: Mainz 1995)
* Gefährliche Täuschungen : Erzählung, Berlin 1947
* Das Spiegellabyrinth, Freiburg i.Br. 1948
* Ärgert dich dein rechtes Auge, Darmstadt 1957 (Neuauflage: Wiesbaden 2005)
* Der junge Leutnant Nikolai, Darmstadt 1958
* Die Formel und die Sinnlichkeit : Bausteine zu einer Poetik im Atomzeitalter, München 1964
* Die Nacht vor dem Duell, Frankfurt a.M. [u.a.] 1964
* Ihr werdet sein wie Götter : Der Mensch in der biologischen Revolution, Düsseldorf [u.a.] 1966
* Vom Elend der Literatur im Zeitalter der Wissenschaft, Mainz 1967
* Aurora, Göttingen 1968
* Träume und Kristalle, Frankfurt 1968
* Die moderne Literatur und die Erziehung zum Frieden, Mainz 1970
* Tänze und Ekstasen, Darmstadt 1973
* Schönheit und Schrecken : zum Humanismusproblem in der modernen Literatur, Mainz 1977. 247 S. ISBN 3-7758-0921-X
* Franz Nauen : (1887 – 1959) ; Porträt eines Pädagogen der Weimarer Zeit, Mainz 1980
* Die Pirouette des Elektrons: Meistererzählungen, Düsseldorf 1980 (Neuauflage: Wiesbaden 2005)
* Für eine Welt der Hoffnung, Darmstadt 1988
* Ein Leben für die Zukunft, Recklinghausen 1995
* Gesang im elektrischen Stuhl, Weilerswist 1995
* Die Angst des Ödipus : zum sozial-ethischen Defizit der Moderne, Frankfurt am Main [u.a.] 1996
* Gestalten und Perspektiven : Essays, Porträts und Reflexionen aus fünf Jahrzehnten, Darmstadt 2000. 485 S. ISBN 3-534-15109-7
* Der Kris, Wiesbaden 2005. 100 S. ISBN 3-927110-21-3
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