Milo Dor (* 7. März 1923 als Milutin Doroslovac in Budapest; Pseudonyme: Alex Lutin und Alexander Dormann; † 5. Dezember 2005 in Wien) war ein österreichischer Schriftsteller.
Auszeichnungen
Milo Dor war Mitglied im österreichischen PEN-Club und Präsident der Interessengemeinschaft der österreichischen Autoren. Er erhielt folgende Auszeichnungen: den Österreichischen Staatspreis für Literatur 1962, den Anton-Wildgans-Preis 1972, den Literaturpreis der Stadt Wien 1977, den Österreichischen Anerkennungspreis 1980, das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1983, den Österreichischen Staatspreis für Verdienste um die österreichische Kultur im Ausland 1989, den Andreas-Gryphius-Preis 1998, den Bruno-Kreisky-Preis 2001 und das Große Silberne Ehrenkreuz für Verdienste um die Republik Österreich 2003.
Leben
Milo Dor wurde in Serbien geboren. Sein Vater war Chirurg, seine Mutter Besitzerin eines Schönheitssalons. Dor wuchs im Banat und später in Belgrad auf. Er besuchte das Gymnasium. Schon als Schüler war er Mitglied der kommunistischen Jugend und versuchte sich als Dichter auf serbokroatisch. 1940 wurde er von der Schule verwiesen, weil er einen Schulstreik organisiert hatte. 1941 schloss er das Gymnasium als externer Schüler ab. Er war in der jugoslawischen Widerstandsbewegung gegen die deutsche Besatzung aktiv. 1942 wurde er verhaftet; es folgten Gefängnis- und Lageraufenthalte. 1943 deportierten ihn die Deutschen als Fremdarbeiter nach Wien. 1944 wurde er erneut verhaftet und in Schutzhaft genommen.
Dor blieb nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Österreich. Er studierte bis 1949 Theaterwissenschaft und Romanistik an der Universität Wien und arbeitete gleichzeitig als Journalist in deutscher Sprache. Ab 1951 war er Mitglied der Gruppe 47. Seit den fünfziger Jahren schrieb er mit Reinhard Federmann in einer Autorengemeinschaft eine Reihe von Büchern. Dor lebte mit seiner zweiten Frau, mit der er seit 1955 verheiratet war, bis zu ihrem Tod 2002, dann allein, hauptsächlich in Wien, aber auch in Rovinj auf der kroatischen Halbinsel Istrien. Sein Sohn ist der berühmte österreichische Filmemacher Milan Dor.
Milo Dor war Autor von historischen Romanen und Krimis, Reportagen, Drehbüchern und Hörspielen, Herausgeber von Dokumentationen und Anthologien; wichtig sind auch seine zahlreichen Übersetzungen aus dem Serbokroatischen. Zu seinen bekanntesten Werken gehört die Trilogie „The Raikow Saga“ mit den Romanen „Tote auf Urlaub“, „Nichts als Erinnerung“ und „Die weiße Stadt“. Der Held dieser Romane ist die autobiographisch gefärbte Figur von Mladen Raikow.
Herausgeberschaft
* Es ist nicht leicht, ein Mann zu sein. München 1955
* Die Verbannten. Graz 1962
* Gemordete Literatur. Salzburg 1963 (zusammen mit Reinhard Federmann)
* Genosse Sokrates. Wien [u. a.] 1963
* Der Flug des Ikaros. Herrenalb/Schwarzw. 1964
* Tausend Jahre Liebe. Wien [u. a.] 1964
* Ein Orden für Argil. Herrenalb/Schwarzw. 1965
* In memoriam Reinhard Federmann. Wien 1977
* Schreib wie du schweigst. Wien [u. a.] 1984
* Die Leiche im Keller. Wien 1988
* Mit dem Kopf durch die Wand. Graz [u. a.] 1988
* Das schwarze Licht. Wien 1990
* Irren ist menschlich. Und patriotisch. Salzburg [u. a.] 1994
Werke
* Unterwegs. Wien 1947
* Tote auf Urlaub. Stuttgart 1952
* Internationale Zone. Frankfurt [u. a.] 1953
* Und einer folgt dem andern. Nürnberg 1953 (zusammen mit Reinhard Federmann)
* Der unterirdische Strom. Frankfurt am Main 1953 (zusammen mit Reinhard Federmann)
* Romeo und Julia in Wien. Bad Wörishofen 1954 (zusammen mit Reinhard Federmann)
* Führer durch Jugoslawien. Köln [u. a.] 1955 (unter dem Namen Alex Lutin)
* Othello von Salerno. München 1956
* Nichts als Erinnerung. Stuttgart 1959
* Das Gesicht unseres Jahrhunderts. Düsseldorf 1960 (zusammen mit Reinhard Federmann)
* Salto mortale. Zürich 1960
* Die Abenteuer des Herrn Rafaeljan. Gütersloh 1963 (zusammen mit Reinhard Federmann)
* Der politische Witz. München [u. a.] 1964 (zusammen mit Reinhard Federmann)
* Der Sohn des Wesirs. Wien [u. a.] 1965
* Ballade vom menschlichen Körper. Graz [u. a.] 1966
* Der galante Witz. München 1966 (zusammen mit Reinhard Federmann)
* Der groteske Witz. München [u. a.] 1968 (zusammen mit Reinhard Federmann)
* Die weiße Stadt. Hamburg 1969
* Menuett. Wien [u. a.] 1971
* Das Pferd auf dem Balkon. Wien [u. a.] 1971
* Meine Reisen nach Wien. Eisenstadt 1974
* Alle meine Brüder. München 1978
* Istrien. Wien 1981 (zusammen mit Leo Zogmayer)
* Meine Reisen nach Wien und andere Verirrungen. München [u. a.] 1981
* Der letzte Sonntag. Wien [u. a.] 1982
* Die Schüsse von Sarajewo 1982
* Auf dem falschen Dampfer. Wien [u. a.] 1988
* Auf der Suche nach der größeren Heimat. St. Pölten [u. a.] 1988
* Ein schwerer Tag. Frankfurt am Main 1989
* Der Mann, der fliegen konnte. Wien 1990
* Fragen eines altmodischen Humanisten. Wien 1990 (zusammen mit Alexander Giese)
* Schriftsteller und Potentaten. Wien 1991
* Leb wohl, Jugoslawien. Salburg [u. a.] 1993
* Mitteleuropa, Mythos oder Wirklichkeit. Salzburg [u. a.] 1996
* Und wenn sie nicht gestorben sind …. Wien 1996
* Wien, Juli 1999. Wien 1997
* Roman über Milo Dor. Salzburg [u. a.] 2003
* Grenzüberschreitungen. Wien 2003
Übersetzungen
* Ivo Andri?: Die Brücke über die Zepa. Hamburg 1963 (übersetzt zusammen mit Alois Schmaus und Reinhard Federmann)
* Ivo Andri?: Buffet Titanic. Klagenfurt [u. a.] 1995 (übersetzt zusammen mit Reinhard Federmann)
* Ivo Andri?: Die Geliebte des Veli Pascha. Stuttgart 1960 (übersetzt zusammen mit Reinhard Federmann und Alois Schmaus)
* Ivo Andri?: Der verdammte Hof. Berlin [u. a.] 1957
* Isaak Babel: Petersburg 1918. Pfullingen 1977 (übersetzt zusammen mit Reinhard Federmann)
* Isaak Babel: Zwei Welten. München [u. a.] 1960 (übersetzt zusammen mit Reinhard Federmann)
* Bogdan Bogdanovi?: Der verdammte Baumeister. Wien 1997
* Ivo Brean: Hamlet in Unterschlammdorf. Wien [u. a.] 1978
* Stephen Crane: Die Flagge des Mutes. Frankfurt [u. a.] 1955 (übersetzt zusammen mit Elisabeth Moltkau)
* Ildi Ivanji: Wetten am Tor. Wien 2000
* Dušan Kova?evi?: Der Profi. Berlin 1991
* Miroslav Krleža: Galizien. Wien 1971
* Miroslav Krleža: Die Glembays. Graz [u. a.] 1963
* Miroslav Krleža: In Agonie. Graz [u. a.] 1964
* Miroslav Krleža: Leda. Graz [u. a.] 1964
* Miroslav Krleža: Die Wolfsschlucht. Wien [u. a.] 1977
* Mond überm Zigeunerwagen. München 1959 (übersetzt zusammen mit Reinhard Federmann)
* Branislav Nuši?: Die Macht. Wien [u. a.] 1983
* Vasko Popa: Die kleine Schachtel. Klagenfurt [u. a.] 1993
* Vasko Popa: Nebenhimmel. München 1969 (übersetzt zusammen mit Karl Dedecius)
* Vasko Popa: Wolfserde. München 1979
* Jovan Sekelj: Memoiren eines Antihelden. Wien 2003
* Georges Simenon: Maigret und der Schatten am Fenster. Köln [u. a.] 1959 (übersetzt zusammen mit Reinhard Federmann)
* Stanislav Vinaver: Wien. Wien [u. a.] 2003
* Milovan Vitežovi?: Mensch ärgere dich. Wien [u. a.] 1985
Literatur
* Das große kleine Dorf, aus dem wir stammen. Wien 1983
* Helmuth A. Niederle (Hrsg.): Milo Dor. Wien [u. a.] 1988
* Jacques Lajarrige (Hrsg.): Milo Dor. Salzburg [u. a.] 2004
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