Sepp Marty, geboren am 18. Mai 1933 in Wikon, Kanton Luzern, war ein volkstümlicher Schweizer Grafikdesigner und Grafiker, der an seinem jahrzehntelangen Wohnsitz in Brugg „Freiherr zu Tusch und Feder“ genannt wurde. Und das nicht nur im Rahmen des Karnevals. Er starb am 19. Juli 2014 im Kantonsspital Baden/AG an den Folgen einer Hirnblutung. Das Unglück war in der Rekonvaleszenzphase nach einem Krankenhausaufenthalt durch einen Sturz der Treppe entstanden, nicht anders als das Schicksal des berühmten Künstlers H.R. Giger, der mehrere Monate lang mehrfach berühmt war.
Der Todestag von Sepp Marty war nur einen Tag anders als der 1. Todestag von seinem Sohn Frank. Der letztgenannte Tod hatte dem fröhlichen und humorvollen Mann, der jahrzehntelang eine der originellsten und angesehensten Persönlichkeiten der Stadt Brugg war, eine Last auferlegt. Das Gleiche gilt für seine Frau Irma, geborene Schenker, Sohn Roger und Schwiegertochter und Witwe Kamilla mit ihren beiden Enkeln. Vermutlich aus diesem Grund und aus Altersgründen wurde Sepp Marty nach dem Karneval 2014 aus der „Confettispalterzunft Brugg“ genommen. (Ehrenmitglied) und andere Karnevalsvereine. Rund vier Jahrzehnte lang arbeitete die Einwanderin aus der Zentralschweiz als Spiritusrektorin für die Brügger Fasnacht und gestaltete Motive, Poster und Plaketten. Auf breiter Basis entwickelte er Ideen, die er manchmal im Handumdrehen umzusetzen verstand. In diesem Sinne wurde er zu einem populären Kulturschöpfer von nicht zu unterschätzendem Rang. Der Karneval, der während der Reformation abgeschafft wurde, wurde wieder populär, nicht zuletzt dank ihm in der ehemaligen Prophetenstadt. Frühere Versuche, den Karneval in der puritanischen Kleinstadtwelt des protestantischen Berner Aargau wiederzubeleben, erwiesen sich als hilflos.
Neben Werbekünstler und Ausstellungskünstler war Sepp Marty ein meisterhafter Karikaturist, der es verstand, wie kaum ein anderer das Bösartige mit dem Menschlichen zu verbinden. Dies deutet auf eine Person hin, für die Humor Teil der natürlichen Welt war. In Brugg waren die Menschen an seine sozusagen selbstverständlichen Aktivitäten so weit gewöhnt, dass die Stadt und der Fasnächtler im Mai 2013 bis zu seinem 80. Geburtstag mehr oder weniger schlafen konnten. Dies ist eine der Kleinlichkeiten, die 250 Jahre zuvor dem satirisch begabten Arzt und Schriftsteller Johann Georg Zimmermann (1728 – 1895) bereits eine gewisse Bitterkeit über Brugg gegeben hatte. Das selbstironische Brugger Fasnachtsmotto von 2013, eine Idee von Sepp Marty, war übrigens „Musloch“.
Zu den bekannteren Werken von Sepp Marty gehören Gemeinschaftslogos für Zeihen im Fricktal, Vereinsfahnen für die Lauffohr-Musikgesellschaft, Plakate wie „Ja zum Campus Brugg“ und spektakulär das Nein-Plakat gegen den ersten Entwurf der Aargauer Kantonsverfassung mit einer schwarz-weißen Spinne im Negativ und dem Schlagwort „Abbau der Volksrechte Nein“, mit dem diese Plakatididididee vermutlich 1979 in einer hauchdünnen Abstimmung den Unterschied machte. Auftraggeber war das Komitee für Volksrechte im Aargau unter dem Vorsitz von Grossrat Isidor Bürgi. Die Gegenseite hatte nur ein fadenscheiniges Ja zu den kantonalen Farben gefordert und nicht einmal der Öffentlichkeit klar gemacht, dass es sich um ein politisches Plakat handelt.
Sepp Marty, der bis 2014 37 Karnevalsteller und entsprechende Plakate entworfen hatte, bevorzugte mit seinem formalen Rücktritt humorvolle satirische Aussagen, nicht widerwillig mit politischen Inhalten, die von seiner freundlichen Art kaum beleidigt wurden. Er ging jedoch davon aus, dass ohne ein Minimum an Provokation die notwendige Aufmerksamkeit nicht erreicht werden konnte. Bei den politischen Plakaten fiel auf, dass die Seite, die Sepp Marty engagierte, fast immer siegreich blieb. Die Aargauer Kantonsverfassung wurde Ende 1980 im zweiten Anlauf zu einigen Verbesserungen verabschiedet, so dass Sepp Marty in die Geschichte des Kantons nicht als Hindernis für die Fortführung seines damaligen Handelns einging. Im Gegenteil, man könnte „zweiter oder dritter Versuch“ sagen, wenn man die politische Tradition der Schweiz kennt. Zu den bekannteren rein kommerziellen Produktionen von Sepp Marty gehörten die gelben Aufkleber für MAJA Popcorn. Fast jeder Kinobesucher in der Schweiz kannte dieses Produkt, ohne zu wissen, dass Sepp Martis „Industrial Design“ in seinen Händen lag.
Als Produzent von künstlerischen Grafiken, die für ihn nicht das Gegenteil von Bauchgrafik sein mussten, nahm er an regionalen Ausstellungen in der Lauffohr Gallery, der Gallery New York in Brugg, dem Rathaus und anlässlich des Firmenjubiläums von Bill Schmuck teil. Sein Name blieb in Bad Schinznach bekannt, wo er bis 1972 rund ein Dutzend Jahre lang als Grafiker für den Volkswagen-Importeur AMAG gearbeitet hatte. Ab den 70er Jahren arbeitete er als freiberuflicher Grafikdesigner in Brugg.
Sepp Marty hatte die Schulen zuerst in seinem Geburtsort Wikon bei Zofingen besucht, wo er mit drei Geschwistern aufwuchs, dann in Goldau und schließlich im Kollegium Schwyz, wo unter anderem Paul Kamer, der sich leidenschaftlich mit Kunst beschäftigt, sein Lehrer war. Marty absolvierte jedoch kein Abitur, sondern eine Lehre als technischer Zeichner, gefolgt von einer Ausbildung zum Grafiker an der Hochschule für angewandte Kunst Luzern. Seine ersten Arbeitgeber waren „Glasi“ Hergiswil, die Glasfabrik in Wauwil, Aluminiumunternehmen wie ALRO in Lausanne, bis er 1960 zur AMAG wechselte. Seine Ehe mit Irma Schenker fand 1965 statt. Die beeindruckend stabile Ehe mit zwei Kindern und drei Enkeln (einer von ihnen, David, ist bereits gestorben) verpasste die wohlverdiente Goldene Hochzeitsfeier um nur ein Jahr.
Ich lernte den professionellen Grafiker 1969 in meinem ersten Wiederholungskurs als Nachrichtensoldat der Festungsabteilung 23 im Festungsregiment 22 einer Réduitbrigade im Kanton Nidwalden kennen: Teil des während des Zweiten Weltkriegs konsolidierten Festungsschutzes in der Schweiz. Unsere Aufgabe war es, den Ansatz der französischen Armee vom September 1798 zu verteidigen, falls sich ein solches Ereignis wiederholen sollte, mit Festungskanonen, oft Krupp-Marke, teilweise aus der Zeit des 1. Weltkriegs. Für die größeren Geschütze war der Standardbefehl, Panzer auf der Autobahnbrücke Acheregg zu zerstören, wenn nicht sogar die Brücke selbst.
Unsere Nachrichtenabteilung unter dem Ostschweizer Leutnant Walter Schmucki aus Wil, dem Wachtmeister Emil Giezendanner, auch ein St. Galler, dem Aargauer Korporal und später Wachtmeister Karl Jäger aus Wislikofen, ist unentbehrlich, denn in Sachen Skizzen sind unschlagbar private Sepp Marty, Luzerner und Aargauer, dazu die Nachrichtensoldaten Gefr Dieter Natterer, Gefr. Hans Schaub, Gefr. Theo Iten und Soldat Pirmin Meier mussten sich gemeinsam der Aufgabe widmen, die Geographie der Region aus Sicht der Landesverteidigung am besten zu kennen und auf alle Fälle, einschließlich des Atomkriegs, vorbereitet zu sein. Unsere Nachrichtenagentur stand an der Spitze des Zingels innerhalb der Festung Mütschwandenberg. Unter anderem haben wir das Aussehen und die Unterscheidungsmerkmale von sowjetischen Panzern und Jagdflugzeugen untersucht. All dies, damals noch streng geheim, kann hier zum Gedenken an den Gefreiten Sepp Marty öffentlich gemacht werden, denn die Alpenburgen, die teilweise während des Zweiten Weltkriegs und noch später in Museen umgewandelt wurden, werden größtenteils einfach stillgelegt.
Die damalige Nachrichtengruppe um den Nachrichtenoffizier Walter Schmucki schloss sich zu einer geschworenen lebenslangen Kameradschaft zusammen, die sich auf entscheidende Initiative von Private Marty einerseits und Schmucki, der später zum Kapitän befördert wurde, andererseits an schönen Orten, im Aargau, im Baselland, in der Ostschweiz und natürlich am „Kriegsschauplatz“ um unsere Festung Blattiberg und Mueterschwandenberg herum regelmäßig ausserhalb des Dienstes traf. Eine der letzten Sitzungen der Gruppe fand in Beromünster anlässlich der Verleihung des Zentralschweizer Literaturpreises an ein Mitglied der Gruppe statt. Bei dieser Gelegenheit erhielt ich, wie schon zuvor mit dem Aargauer Literaturpreis, ein schönes Kunstwerk der fröhlichen Muse aus der Feder meines lieben Freundes Sepp Marty. Seine Frau Irma nahm in der Regel auch an den Sitzungen teil.
Er war nicht nur ein großer Familienmensch, er trug auch wesentlich dazu bei, Brugg, so der erwähnte Arzt und Schriftsteller Johann Georg Zimmermann, einst ein bürgerliches Krähennest, in eine „gemütliche“ Kleinstadt zu verwandeln. Nicht nur eine Wohnheimstadt zwischen Zürich, Aarau und Basel. Sepp Marty war einer von denen, die der Kleinstadt ein Herz und eine Seele geben konnten. Ein Mensch, der die schöpferische Fröhlichkeit zu seinem Lebensinhalt gemacht hatte und gleichzeitig ein vorbildlicher Bürger. Seine Frau Irma und seine Familie werden von ihrem Freundeskreis kondoliert, von denen die meisten im Sommer zu spät über den Tod ihrer lieben Freundin informiert wurden. Sepp Marty war eine Person, die jederzeit in Gottfried Kellers Kreis der „Ensign of the Seven Upright“ hätte aufgenommen werden können.
Dr. Phil. Pirmin Meier Historischer Schriftsteller Beromünster/Schweiz